Das Netz muss man differenziert betrachten. Auch wenn diese Klassifikation albern ist, juristische und freiheitliche Kompromissnotwendigkeit ist es wohl, Webinfrastruktur zu klassifizieren. Es gibt einen Unterschied zwischen Verkaufsgebäuden, Wohngebäuden, Industriegebäuden etc. Im Internet wird das alles in einen Sack gepackt. Ob es eine Applikation wie Google Docs ist, ein Portal wie Facebook, eine Private Homepage, eine Zeitung, ein Webauftritt eines Unternehmens: Egal. Alles wird juristisch als Internetseite verstanden. Braucht ein Impressum. Sogar das Twitterprofil braucht eines – streng genommen. Wie kann man also eine Konversation mit einer Fabrik gleichsetzen? Egal an welcher Stelle im Netz, Zitate muss ich kenntlich machen. Auch im Chat, auch bei Twitter. Demnächst müssen wir alle ein Quellenverzeichnis mit uns herumtragen, dass wir unserem Gegenüber aushändigen, sobald wir im Gespräch einen Zeitungsartikel sinngemäß wiedergeben. Man muss die Dinge im Netz trennen.


Es war einmal ein Typ, sein Onkel und der junge Hans. Der Typ muss regelmäßig ein Paket zum Onkel bringen. Eines Tages bot der junge Hans ihm an, das mal für ihn zu erledigen. Dem Typen passte das gut und er gab dem jungen Hans einen Lolly. Der junge Hans lieferte das Paket ab und fand Freude an dem Lolly, den er stets bekam, so dass er jetzt regelmäßig den Boten spielte. Alle waren glücklich, auch der alte Onkel, denn der hatte jetzt immer pünktlich sein Paket. Als der Alte den Jungen fragte, wieso er das eigentlich mache, sagte der: Wegen dem Lolly. Der Alte entgegnete: „Junge, dann gibst Du mir ab jetzt die Hälfte davon ab!“. Der Junge Hans empörte und weigerte sich. Da schob der Alte hinterher: „Du kannst wählen. Entweder du bist mit der Hälfte zufrieden, oder ich will nicht mehr, dass du meine Pakete lieferst“.


Fehler bei der Synchronisation der Lesezeichen im iPad Safari

Haufenweise haut jeder Clouddienste heraus. Die Idee ist nicht neu aber dafür überfällig. Siemens hat schon vor ca. zehn Jahren damit angefangen, ihre sperrigen HiPath Telefonanlagen nicht mehr in jedes Firmengebäude der Kunden zu stellen, sondern eine Übertelefonanlage mit den Kunden per VoIP zu vernetzen, und die Gespräche also in der Cloud zu verteilen. Wenn man das weiterdenkt, ist wohl die Telekom der älteste Cloudanbieter. Allerdings sollte man da dann aufhören. Das Herzstück eines jeden Clouddienstes, ob das jetzt das Firmenadressbuch, die Aufgabenliste im Smartphone oder Liste der abonnierten Newsfeeds in einem modernen Feedreader ist: Die Datenbasen müssen in jeden Endgerät möglichst immer Synchron sein.

Und das Herz kränkelt bei vielen dieser Services. Die aktuellen Safaribrowser setzen zum Beispiel auf Apples iCloud und synchronisieren munter die Lesezeichen zwischen Smartphone, Tablet und  Mac. Nur ständig gibt es Probleme. Lesezeichen können nicht hinzugefügt werden, wenn gerade synchronisiert wird und nicht selten überquert die App in dem Fall sogar ganz den Jordan. Gleiches bei der viel gelobten Wunderkit App. Tasks werden beim synchronisieren ungewollt geklont und der User muss hand anlegen, die Listen selbst reinigen und kommt dabei dem Synchronisationsmechanismus erneut in die Quere. Das soll nicht heißen, dass die 6Wunderkinder keinen tollen Job machen. Aber so zieht sich das Problem wie Mums durch Kalender, Adressbücher und Notizapps.


Die URL ist ein Relikt aus frühen Zeiten. Ein Post von Evan blieb mir im Kopf. In ihm beschäftigte er sich mit der Wichtigkeit der Domains und URLs im Netz. Es gab eine Zeit, in der sich die Menschen Telefonnummern gemerkt haben. Heute kenne grad meine eigene, die Notrufnummern und die Nummer von Oma – aber auch nur deshalb, wie sie die einzige ist, die diese Zeit überlebt hat. Der Googlebrowser Chrome kommt mit einer Adressleiste daher, in der jede Eingabe, die nicht nach URL aussieht, in einem Google Suchergebnis endet. Man sollte das nicht zu sehr kritisieren, das wäre nüchtern betrachtet so, als würde man sich Prompte in modernen Betriebssystemen zurückwünschen. Doch wer ehrlich sein will, sieht, dass das eher eine Sache von Nostalgie. Seien wir nicht allzu konservativ, lasst uns jetzt noch nicht damit anfangen.

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Völlig unscheinbar kommt sie daher, die Google Suche App für’s iPad. Sie ist sehr flott und extrem responsiv – also mit jedem Klick auf einen Button passiert ohne Zeitverzögerung, was eben passieren soll. Man hat den Eindruck eines solide gebauten Tools auch wenn man über das Design streiten kann. Und trotz ihrer Unscheinbarkeit: Sie hat mir heute gezeigt wie das Browsen in Zukunft ablaufen wird. Dieser Browser verzichtet auf die gewohnte Adressleiste, ersetzt sie durch das Suchfeld von Google. Die Google-Suche und Verlinkung werden somit zu den einzigen Navigationsmitteln. Zumindest für suchbare Information, welche eine von zwei Fasern des Internets ist. Die andere ist „soziale Inhalte“ – Tweets, Likes, Pins und Co. Die soziale Faser berücksichtigt der Browser mit seinem sozialen Netzwerk Google Plus. Das ist mindestens für mich blöd, denn ich nutze Google Plus nicht. Ich bin aber davon überzeugt, dass es einen derartigen unabhängigen Browser bald geben wird, der die Wahl der Suchmaschinen und sozialen Netzwerke dem Nutzer überlässt. Ich fände das gar nicht schlecht, solange ich noch irgendwie an die klassische Adresszeile gelangen kann.

Und doch bleibt es langfristig eine bittere Pille. Wollen wir uns wirklich damit abfinden, dass Unternehmen das Netz hinter ihrer eigenen Infrastruktur als Geisel nehmen?


Sie spammen was das Zeug hält! Nur nicht mehr so viel. 2011 scheinen weniger Spammails verschickt worden zu sein. Auch die Logfiles unserer sogenannten IronPorts bestätigen das. Was kann der User also tun – neben Spamfiltern? Wegwerfadressen sind bekannt, doch viel zu umständlich. Ständiges Einrichten und Merken neuer, unhandlicher Adressen.

Doch gerade wenn man viel im Netz ausprobieren möchte, sehen will wie Andere die Dinge Lösen, findet seine E-Mailadresse Eingang in unzählige Datenbanken. Und die gehören nicht immer den Guten. Also lag eine Pseudoadresse auf der Hand und was soll ich sagen: works great for me! Doch einen Haken hat die Sache noch: Für Benachrichtigungen aus zum Beispiel Foren, die ich tatsächlich konsultiere, richte ich mir einen Filter ein, der diese Mails an meine erste Adresse weiterleitet. Das macht lange nicht so viel Arbeit wie die Wegwerfadressen, ist aber schon noch unbequem und für Heerscharen komplett Ahnungsloser unmöglich.

Warum also nicht eine klitze kleine Plattform schreiben, die als Weiche dient. Man meldet sich mit seinen zwei Mailadressen an. Sagen wir mal Haupt- und Spamadresse. Man kann die Absender auswählen, dessen Mails durchgelassen werden sollen – so wie meine Forenmails oder die wirklich interessanten Newsletter. Die Plattform leitet dann diese Mails an die Hauptadresse weiter und löscht sie auf dem Spamserver. Fertig.

Was haltet Ihr davon?

 


Sie sind untechbar! In der Demokratie regiert die Mehrheit. Ich bin dafür, alles anderen wäre schlechter. Auch in Unternehmen bestimmt der Mehrheitskunde, wo es lang geht. Die Mehrheit der Menschen ist aber vor allem eins: uninteressiert. Doc Seals, ein Professor aus Kalifornien, prognostiziert in seinem Artikel „Hören Sie auf, Kundendaten zu sammeln!“, dass der User in Zukunft seine Datenspuren selbst verwaltet. Er würde zum Händler seiner digitalen Spur. Ich hatte immer den Gedanken: Wenn sie mal sehen, was sie im Netz anstellen können, dann werden sie es auch können wollen. Die große Hoffnung auf eine ganze Generation aus digital natives war die reinste Enttäuschung. Zugegeben, sie lernen wirklich früh, sich im Netz zu bewegen. Sie machen ihre Erfahrungen, treten auf Facebook schon früh in soziale Fettnäpfchen, lassen Dinge an Stellen herumliegen, wo sie lieber ins gehütete Tagebuch gehörten. Dadurch lernen sie, wie sie mit dem Netz zu kommunizieren, was geht, was nicht. Es ist für sie die gleiche Art Erfahrung wie für jede Generation vorher die ersten Frotzeleien auf dem Schulhof der Grundschule. Die ersten Peinlichkeiten. Doch das führt nicht dazu, dass sie verstehen, welche Schalter ihr Tun im Backbone umlegt. Aber das hat sie noch nie interessiert. Sie wissen nicht, was Chefredakteur treiben, sie sehen Minority Report falsch. Sie lesen Orwell nicht. Sie wissen nicht wie ein Unternehmen funktioniert – sie wissen nicht einmal wie sie regiert werden. Wer wählt den Bundespräsidenten? Ganz zu schweigen vom LSR und ACTA. Sie wissen es nicht, weil es sie nicht interessiert und nie interessiert hat. Und Herr Seals glaubt, sie würden sich bald die Mühe machen, ihre Daten zu verkaufen? Ich hätte wirklich gern, dass er recht hat. Aber ich bereite mich lieber auf Minority Report vor.


Googles Strategie sei nicht wie Schach, sondern wie Go. So stand es geschrieben. Erinnere mich oft dran und denke dann: Der Autor des Artikels brauchte einen tollen Gedanken, also wechselte er einfach das Spielfeld. Mit „Go“ beginnt die Firma und deren Gründer sind auch noch Mathematiker, die mindestens in den USA den Ruf haben, die einzigen Menschen auf dem Planeten zu sein, die „Go“ spielen. Drüben bei den Yankees, die den ersten IT-Cluster erschufen, wird der Geek nicht ohne Anerkennung als Sonderling betrachtet. Ein bisschen neidisch beeugt, eine Perspektive zu haben, die man selbst nicht einnehmen kann. Und aus dieser Perspektive spielen sie eben „Go“. Das passt so gut. Von den Unternehmen war man gewohnt, dass sie ihre Betas, ihre Bauern Spielfeld um Spielfeld in die Schlacht schickten und hofften, dass sie unbeschadet bis zum gegnerischen Spielfeldrand durchmaschieren konnten. Sie mit ihren Cash-Cows ganze Diagonalen im Feld sicherten und ihre Offices, ihre Mac OSse, ihre Windowse, also ihre Marken, in Patentrochaden schützten. Die bunte Vorbildphilosophie Apples ins Neon getrieben, konnte man die ekzessive Betakultur, die Google neben der Suche als Cash-Cow, die zugleich die Marke ist, betrieb, entweder für dumm oder eben für sehr Geeky halten. Zu viele Bauern für Schach. Wie eine übermächtige Königin konnte das Produkt Google Suche das Schachspiel der anderen dominieren wärend sie gleichzeitig ihre Bauern zu Spielchips machte, das Schlachtfeld zupflasterte und die starren Figuren der Gegner plötzlich in einem neuen Spiel wieder finden ließ, in dem sie keinen Platz zum ziehen hatten.

Nur, sie rechneten nicht damit, dass Apples Touchgeräte unzählige unabhängige Entwickler dazu animieren würde, ebensoviele und noch mehr Apps für die neue Plattform zu entwickeln – frei Haus…

Im zweiten Teil der Serie: Wie Apple fast unwissentlich Googles Pläne mit Chromium OS die Weltherrschaft zu ergreifen.

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Mir geht die Diskussion gerade etwas in die falsche Richtung. Ganz klar: Wenn Blogger für Links zahlen müssten, müsste links oben im Browser „DAUERWERBESENDUNG“ eingeblendet werden. Denn es würde damit die Aussage getroffen, dass die Wo-Gibt-Es-Was-Zu-Sehen-Information schutzfähig ist. Bei dieser Aussage, würden aber selbst die treffenden Vergleiche zu Aggregatoren wie den ‚Gelben Seiten‘ noch viel zu kurz kommen. Einen Blick ins Feullieton wirft der NDR, WDR, SWR für die Hörer regelmäßig. Das kommt dem Blog sehr nahe. Wenn dort von einer überzeugenden Kritik am neuen Roland Polanski im Kulturteil der Zeit auf Seite 2^8 geschwärmt wird, ist das doch nichts anderes als ein Link. Sollte der Rundfunk dafür zahlen? Noppe!

Wenn der Blogger nicht zahlen muss, sind die Aggregatoren dann egal?

Wenn es um’s Leistungsschutzrecht geht, versteift sich die Empörung der Netzgemeinde mittlerweile darauf, dass dadurch der Blog betroffen sein wird (
Streit um Leistungsschutzrecht: „Dürfen Profi-Blogger noch zitieren?“
). Was aber – und das ist wahrscheinlich – wenn nicht der Blog, dafür aber die Aggregatoren wie Google News und vor allem auch kleinere wie Rivva? Alles deutet darauf hin. Wenn der Blogger nicht zahlen muss, sind die Aggregatoren dann egal?

Den Schmieden des Leistungsschutzrechtes geht es nur um die Aggregatoren. Christoph Keese schreibt:

„Snippets sind keine Zitate. Sie sind in kein eigenes Werk eingebettet. Das ist schlechterdings auch nicht möglich, denn die Snippets werden ja von Maschinen zusammen gestellt.“
(Presseschauder – Antwort auf ersten Kommentar)

Es ging ihnen um die Snippets und es geht ihnen noch immer um die Snippets. Also geht es ihnen doch um die Aggregatoren. Blogger brauchen die Snippets nicht, nutzen die nicht.

Das darf nicht sein, gerade weil die Vergleiche mit weltlichen Aggregatoren wie Fernsehzeitungen und den ‚Gelben Seiten‘ vollkommen ins Schwarze treffen, ist die Beteiligung der Verlage an den Gewinnen der Aggregatoren ebenfalls unrecht. Es ist eine ungerechtfertigte Subvention.

In anderen Blogs zum Thema:
Der JakBlog hat nicht ganz unrecht, wenn er davon spricht, dass uns das #lsr tief zurück in die 80er schießt. Und Misoskop schreibt „Im Internet Geld verdienen ist schwer. Leichter ist, anderen ihr Geld wegzunehmen“.


Vor allem von Seiten des linken Meinungslager wird der designierte Bundespräsident Joachim Gauck als Internetbuhmann darstellt. Denn Gauck sieht angeblich das Internet als Bedrohung der Presse- und Meinungsfreiheit.

Zitiert wird vor allem eine Stelle des von Gauck verfassten Vorwortes der heute erschienen DIVSI Studie, in der Gauck auf die Gefahren für die Verfassung durch das weltweite Internet kurz eingeht. Der Text insgesamt hinterlässt mir allerdings eher den Eindruck von Aufgeschlossenheit mit einem Auge auf die Gefahren die unser wertes Stück Technik mit sich bringt.

Die ängstliche und teils verfahrene Geisteshaltung, welche die Netzgemeinde mittlerweile angenommen hat, lässt sich an den heutigen Statements im Netz ganz gut ablesen. Die irrationale Angst, unser Netz zu verlieren, ist so üppig, dass man jede Debatte um dessen weitere Verbesserung latenzfrei erwürgt. Wenn Gauck feststellt, dass die Anonymität des Netzes die Arbeit der Justiz erschwert, hat er recht. Stimmt es denn nicht, dass das Internet das Potenzial besitzt, die verfassungsmäßig geschützten Grundrechte auszuhöhlen? Siehe ACTA und Co. Man sollte sich nicht selbst belügen. Man überinterpretiert, wenn man aus der reinen Beanstandung eines Makels eines Dinges folgert, dass der Beanstandende das gesamte Ding beanstandet. Aus Angst folgert man zu voreilig. Dann versteht man wie Thomas Knüwer plötzlich, dass Gauck glaube „Das Internet höhle die Verfassung aus“. Das glaubt er nicht. Die Netzgemeinde muss aufpassen, sich durch ihre Angst nicht politisch instrumentalisieren zu lassen. Ob nun von links oder rechts.

In dem Online Magazin ‚Telepolis‘ von Heise Online liest man

er wolle sich für „gesicherte Identitäten auch im Web – dass ich weiß, wer mein Gegenüber ist“ einsetzen, gleichzeitig aber auch für gesicherte Anonymität „wo ich es will“ – wie das funktionieren soll, konnte er zur Vorstellung der Studie jedoch nicht verraten.

Ein Ziel zu haben, ohne schon den Weg zu kennen, sollte eine Tugend sein. Das ist der Anbeginn allen Fortschritts. Fehlerhaft ist auch die Überzeugung der Netzgemeinde, dass die Errichtung neuer Habitate grundsätzlich zur Verdrängung der alten führt. Die oben genannte, von vielen als Paradox empfundene, Gauck’schen Forderungen nach echten Identitäten einerseits und der gleichzeitigen Sicherung der Anonymität andererseits ist eigentlich leicht vereinbar – im Netz. Es kann – im Netz – einen öffentlichen Raum geben, in dem man Verifikation der eigenen Identität fordert. Viele wichtige gesellschaftliche Vorgänge können erst dort passieren. Betrüger tummeln sich auf Kleinanzeigenmärkten, auf eBay auf vierwaen.de. Das Fehlen eines solchen Indentitätshabitats verhindert den immer lauter werdenden Wunsch nach mehr Mitbestimmung durch das Netz. Wahlen in einem ungesicherten Netz sind undenkbar (Nebenbei: Gestern fiel die Namenswahl für eine Brücke nach einer Internetabstimmung auf „Chuck Norris“). Ein solcher Raum wäre eine Grundlage für gerade die Ziele, die wir in der Netzgemeinde haben. Die Datensammelwut könnte reguliert werden.
Und dabei gilt wieder: Das Errichten neuer Habitate im Netz führt nicht zur Verdrängung der alten. Im Gegenteil: Das schräg gegenüberliegende wilde Netz bleibt das nieendende unentdeckte Land, das wir lieben. In dem Startups im Digitus der Freiheit revolutionäre Systeme ersinnen, fixe Ideen umsetzen, erproben und Blogger ihre Belanglosigkeiten herausposaunen dürfen. In dem der maskierte User seinen heimlichen Neigungen nachgeht und fiese Firmenbosse sich weiterhin unerkannt ukrainische Nutten bestellen können.


Masken
„In Einkaufszentren, Kneipen, in Läden und Diskotheken sind seit Wochen vermehrt maskierte Personen anzutreffen“. Solch ein Trend würde ohne Zweifel eine öffentliche Debatte provozieren.

Ich will aber Leute zur Rechenschaft ziehen können, im öffentlichen Raum. Ich möchte wissen, mit wem ich mich unterhalte, wer sich in der Kneipe danebenbenimmt. Möchte wissen, wer mich vielleicht sabotiert oder gar mobbt.

Wenn der Gasmann als Biene Maya verkleidet vor der Tür stünde

Was wenn Leute in Innenstädten mit Sturmhauben herumliefen – müssten Passanten, Verkäufer, Sicherheitspersonal und Ladenbesitzer wirklich mit dieser Unsicherheit leben? Ist dieses Misstrauen, das jeder zu Gestalten wie Pantomimen und Clowns in Einkaufspassagen kennt, etwa ungesund? Ich meine nicht – wir sind zurecht vorsichtig, vermuten bereits den Trickbetrüger hinter der Maske. Wenn der Gasmann als Biene Maya verkleidet vor der Tür stünde, fände ich das zwar witzig, doch ins Haus käme der bei mir nicht.

Das Verbot von Motorradhelmen in Sparkassenfilialen und auch ein Vermummungsverbot für Demonstranten gibt es nicht umsonst. Warum sollte ich mit so etwas leben müssen? Gerade im öffentlichen Raum?

Enno Park ist sogar der Meinung, es gäbe ein Menschenrecht, sich hinter einem Alter Ego zu verstecken. Wie kommt er drauf? Er sagt, wenn Google oder Facebook ihn auf sein weltliches Ich festnagelten, „töteten“ sie seine anderen Identitäten. Aha. So ein Blödsinn – genau wie der Rest des Interviews mit der Zeit. Drehen wir langsam durch und sind echt der Meinung, eine erfundene Identität wiege gleichviel wie die natürlich entwickelte? Herr Park ist wohl der Meinung, denn tatsächlich vergleicht er in seinem Artikel „Pseudonymintoleranz“ Alter Egos mit Mitbürgern anderer ethnischer Herkunft. Ernsthaft Herr Park?

 

Mir kommt bei dieser Pseudonym-Diskussion den Verdacht, dass ein Teil derjenigen, die auf Klarnamen bestehen, in Pseudonymen einen kulturelle Affront sehen und sie sich deshalb in einem Netz der Pseudonyme fühlen wie Sarrazin in Kreuzberg

 

Und wer jetzt kommt – wie Enno Park – und sagt, „na siehs’te, jetzt lässt Google mit Pages doch die Klarnamen zu“ (die ennomane) kann das nicht als Triumph verbuchen, denn es war ganz klar (Social Graph, „Internet der Dinge“), dass Google Objekte und damit Pseudonyme zulassen wird. Nur eben wie sie halt sind: Sekundär.

Gerade weil die Klarnamengegner darauf pochen, dass Google Plus oder Facebook öffentlicher Raum seien, sollten dort die Regeln gelten, die auch in realen öffentlichen Räumen gelten sollten: Eine Art Vermummungsverbot nach der Faustregel „Ich muss den Verantwortlichen am Schlafittchen packen können“.

In Kneipen und Cafés sollte das anders sein. Das ist privat und sollte dem Besitzer überlassen werden – so wie in Blogs. Der Blogger allerdings muss seiner Impressumspflicht nachkommen: Hängt da was verkehrtrum? Ich weis die Vorteile der Alter Egos durchaus zu schätzen, ich besitze selbst einen und will ihn nicht missen, doch im öffentlichen Raum haben sie nichts zu suchen. Warum sollte man kein Menschenrecht auf einen transparenten öffentlichen Raum fordern?.